Die folgende Reimerei mit zeitloser Aussage entstand unmittelbar nach Einführung des Eurogeldes
Eurokriminalität
Eine liebe alte Dame,
Müller, denk ich, war ihr Name,
ging gemächlich in die Stadt,
weil sie Eurogeld zu holen hat.
Nach erfolgten Bankgeschäften
war sie nicht mehr so bei Kräften.
Deshalb wollte sie sich laben
und etwas zu essen haben.
So suchte sie ein Restaurant
welches sie im Kaufhaus fand
und erstand trotz Drängelei
eine Pastete nebenbei.
Die sollte ihr jetzt bestens schmecken
und sie zum Leben neu erwecken.
Froh stellte sie den Einkauf frisch
auf den nächsten freien Tisch.
Tasche mit Börse legt sie munter
beim Stuhle einfach unten drunter.
Aber sie konnte noch nicht essen
denn sie hat's Besteck vergessen.
Das erkannte sie mit wachem Blick
und ging darauf noch mal zurück
um mit einem kleinen Pfeifen
sich dasselbe noch zu greifen.
Doch wie angewurzelt stand sie da,
als sie danach zum Tische sah.
Dort saß nämlich ein schwarzer Mann
und war an ihrem Teller dran.
Der muffelte in guter Ruh,
und Frau Müller schaute zu.
Dann dachte sie, solch Mann, ein junger
hat sicherlich ganz großen Hunger
und ihm fehlt die Euroknete,
zu bezahlen die Pastete.
So faßte sie sich schnell ein Herz
und setzte sich mit einem Scherz
einfach zu dem fremden Mann
und fing auch zu essen an.
Der lies es gerne so geschehen
und hat sie freundlich angesehen.
Die Pastete ward geteilet,
und der Schwarze dann enteilet.
Frau Müller, jetzt nicht mehr so matt
und auch wieder richtig satt
ist stolz auf ihre gute Tat,
denn die hatte wohl Format.
Doch jetzt will sie zügig gehen,
kann aber nicht die Tasche sehen.
Die ist nämlich nicht am Ort,
und auch die Euros die sind fort.
Ach, denkt sie, wie bin ich dumm,
das nehme ich dem Schwarzen krumm.
Hat er beim Bestecke holen
mir die Börse schnell gestohlen
und - das werd' ich nie vergessen –
frech die Pastete noch gegessen.
Könnte ich dem Kerl doch eine schmieren.
Solche Dummheit kann nur mir passieren.
Erschüttert wendet sie sich knapp
von dem schlimmen Orte ab
um nach diesem Tatgeschehen
gleich zur Polizei zu gehen.
Doch während sie sich eben wendet
schließt sie die Augen fast geblendet,
denn auf dem Nachbartische steht
die Pastete, die wohl ihr gehört.
Und unterm Stuhle liegt alleine
die Tasche mitsamt Euroscheine.
Da hält Frau Müller glücklich inne
und dankbar gehen ihre Sinne
zu dem lieben schwarzen Freund
der es mit ihr so gut gemeint,
weil er opferte die Knete
und ihr spendete Pastete.
© Martin Volpert, 05.01.02